ERNÄHRUNGSMYTHEN

ERNÄHRUNGSMYTHEN

In Gesprächen erfahre ich immer wieder, wie wenig sich die Menschen über ihre Nahrungsaufnahme Gedanken machen. Viele Irrglauben über Nahrungsmittel werden von Generation zu Generation weitergegeben, ohne dass sie jemals hinterfragt werden. Viele sehen keinen kausalen Zusammenhang zwischen Ernährung und Krankheiten. Was wir aber essen, bestimmt unsere Gesundheit. Unser Körper weiss sich selber gesund zu halten, wir müssen ihm einzig das nötige Werkzeug dazu geben. Es ist ein Fakt, dass falsche Ernährung unsere Gesundheit schädigt. Nur sind sich die wenigsten wirklich bewusst, was "falsche Ernährung" genau ist. Deshalb möchte ich an dieser Stelle mit einigen weitverbreiteten Ernährungsmythen aufräumen.

Haben Sie sich auch schon dabei ertappt, etwas Gehörtes weiterzuerzählen, ohne es zu hinterfragen? Meine Bitte: Lesen Sie die nachfolgenden Anmerkungen mit gesunder Skepsis. Suchen Sie nach weiteren Informationen und machen Sie sich ein eigenes Bild. Nur selber denken macht schlau. Und diskutieren Sie mit mir, falls Sie Fragen oder Anregungen haben. 

Ernährungsmythos 1: Milchprodukte sind gesund und unverzichtbar

Seit Jahrzehnten hält sich die Meinung hartnäckig, dass Milchprodukte gesund sind, weil sie uns wertvolles Kalzium liefern. Kalzium ist unbestritten ein sehr wichtiger Mineralstoff für unseren Körper, der bei der Blutgerinnung, in den Knochen, in der Muskulatur wie auch im Nervensystem und den Zähnen eine wichtige Rolle spielt. Und tatsächlich enthalten Milchprodukte viel Kalzium. Doch wird dieses Kalzium auch verwertet? Also dahin gebracht, wo es vom Körper benötigt wird?

Ein Grossteil des Kalziums wird unverwertet wieder ausgeschieden

Neben Kalzium enthält die Kuhmilch auch viele Phosphate und Kasein (Eiweiss). Diese Stoffe lösen eine chemische Reaktion aus, wenn sie mit unserer Magensäure in Kontakt kommen. Diese chemische Reaktion hat zur Folge, dass 50-70 Prozent des Kalziums, das wir über Milchprodukte zu uns genommen haben, gebunden und unverwertet ausgeschieden werden. Ausserdem führt der hohe Eiweissgehalt von Milchprodukten dazu, dass Kalzium zusätzlich über den Urin ausgeschieden wird, bevor es vom Körper verwertet werden kann. 

Milchprodukte können dem Körper sogar Kalzium entziehen

Milcheiweiss enthält ungefähr dreimal mehr schwefelhaltige Aminosäuren als pflanzliche Eiweisse. Bei regelmässigem Konsum würde dies zu einer Übersäuerung des Blutes führen, was vom Körper unter allen Umständen verhindert werden muss, da dies tödlich für unseren Organismus ist. Entsprechend baut unser Körper basisches Kalziumphosphat aus den Knochen ab, um das Säure-Base-Gleichgewicht unseres Blutes zu erhalten. Dadurch entsteht Kalziumhydrogenphosphat, welches dann über den Urin ausgeschieden wird. Die Einnahme von Milchprodukten führt also aufgrund deren Eiweissgehalt dazu, dass unseren Knochen sogar Kalzium entzogen wird. Das lässt die Osteoporose-Alarmglocken läuten. 

Spannend: In Asien, wo kaum Produkte aus Kuhmilch verzehrt werden, da sie körperlich schlecht vertragen werden, kennt man Osteoporose kaum. Gleichzeitig weisen diejenigen Länder mit dem weltweit höchsten Milchkonsum (USA, Schweden, Finnland, Deutschland, Schweiz) die höchste Osteoporose-Rate auf.

Ernährungsmythos 2: Cholesterin ist ungesund

Cholesterin ist ein Naturstoff und eine lebenswichtige, fettähnliche Substanz aus der Gruppe der Sterine. Sein Name kommt davon, dass es ursprünglich in Gallensteinen gefunden wurde (griechisch: Cholé = Galle; Steréos = fest). Der Körper stellt das Cholesterin in der Leber her. Es steckt in jeder Zelle und wirkt massgeblich bei der Bildung von Hormonen und Vitamin D mit.

Der Unterschied zwischen "gutem" und "schlechtem" Cholesterin

Der HDL-Komplex, oftmals als "gutes Cholesterin" bezeichnet, ist dafür verantwortlich, über die Nahrung aufgenommenes Cholesterin und vom Körper verbrauchtes Cholesterin aufzusammeln und in die Leber zu führen. Es holt auch überflüssiges Cholesterin und Ablagerungen aus den Organen und bringt diese zur Aufspaltung und zum Recycling in die Leber. Von diesem Cholesterin werden etwa 80 Prozent in Gallensäure und 20 Prozent in "freies" Cholesterin umgewandelt. 

Der LDL-Komplex, oftmals als "schlechtes" Cholesterin bezeichnet, macht notwendigerweise das Gegenteil. Er holt das "freie" Cholesterin in der Leber ab und führt es all jenen Körperzellen zu, die über einen Cholesterin-Rezeptor verfügen und Cholesterin aufnehmen können. Was soll denn nun an diesem Cholesterin schlecht sein? Es versorgt unsere Zellen mit notwendigem Material, damit diese gesund funktionieren können. 

Wann steigt der LDL-Cholesterin-Spiegel an?

Die Ernährung kann nicht die Hauptursache für einen erhöhten Cholesterin-Spiegel sein. Die Leber ist nämlich in der Lage, bei einer erhöhten Cholesterinzufuhr über die Nahrung die eigene Produktion so weit wie nötig zu drosseln. So kann der Körper innerhalb weniger Stunden den Cholesterinspiegel selber wieder ausgleichen. Wenn allerdings durch eine Verletzung (z.B. Prellung/Schnitt/Training) Zellen zerstört oder traumatisiert werden, steigt der LDL-Cholesterin-Spiegel an. Der Körper ist in einer solchen Situation sehr bemüht, diese "lecken" Stellen so schnell wie möglich zu reparieren, weshalb er Bausubstanz (u.a. Cholesterin) zum Ort des Geschehens transportiert. 

Wieso ist Cholesterin so wichtig für unseren Körper?

Laut dem deutschen Chirurgen und Buchautor Walter Hartenbach zirkulieren nur etwa acht Prozent des Cholesterins im Blut, die restlichen 92 Prozent sind in den Zellen eingelagert. Dort hilft Cholesterin, die Zellfunktionen aufrechtzuerhalten, stärkt die Mitochondrien (unsere „Zellkraftwerke“) und Zellwände und trägt somit zum geordneten Zellwachstum bei. Ausserdem ist es verantwortlich für den Fett-Transport und für die Bildung von Hormonen. Wussten Sie, dass zum Beispiel die Nebenniere bis zu fünfzig Prozent Cholesterin enthält? Sogar unser Herz besteht zu zehn Prozent aus Cholesterin, und auch unser Gehirn funktioniert nur einwandfrei, wenn genügend Cholesterin vorhanden ist. Cholesterin ist schlicht lebensnotwendig. 

Mit tiefen Cholesterin-Grenzwerten wird viel Geld verdient

In den vergangenen 50 Jahren wurde der empfohlene Grenzwert für Cholesterin immer wieder gesenkt. Von 260 auf 240, dann auf 220 und weiter auf 200 Milligramm pro Deziliter verringerten internationale Fachgremien den Zielwert im Blut – mit der Begründung, damit Herz und Gefässe zu schonen.

Im Jahr 2005 empfahl die Europäische Kardiologenvereinigung sogar einen Grenzwert von 193 Milligramm pro Deziliter. Dies löste allerdings auch unter Ärzten erhebliche Proteste aus, da auf diese Weise drei Viertel aller Erwachsenen potenziell therapiebedürftig würden. Trotzdem führte die kontinuierliche Senkung des Cholesterin-Grenzwertes dazu, dass sich gleich mehrere Cholesterin-Senker, sogenannte Statine, regelmässig unter den Top Ten der Medikamentenbestseller wiederfinden. Das bekannteste Mittel unter den Statinen war 2011 mit mehr als 12,2 Milliarden Dollar sogar das umsatzstärkste Medikament weltweit.

Ernährungsmythos 3: Fett macht fett

Fett ist lebensnotwendig. Bei Übergewicht ist in aller Regel nicht Fett das Problem, sondern Zucker bzw. die einfachen Kohlenhydrate, die wir heute viel zu oft konsumieren: Weissbrot, Gipfeli, Pasta (aus Weissmehlprodukten), etc. Natürlich gibt es auch "ungesunde Fette", von denen wir nicht zuviel konsumieren sollten. Daneben gibt es aber auch sehr viele "gesunde Fette", die wir auf keinen Fall aus unserer Ernährung verbannen dürfen. 

Was zeichnet ein gesundes Fett aus?

Gesunde Fette werden während des gesamten Herstellungsprozesses äusserst schonend behandelt. Das Entsteinen und Pressen der Kerne geschieht manuell. Das Öl wird kalt gepresst und zu keiner Zeit Temperaturen ausgesetzt, die den empfindlichen Inhaltsstoffen schaden. Auf diese Weise bleibt die vorhandene Nährstoffdichte der Fette erhalten. Woran erkennen wir ein gesundes Fett? Ganz einfach: Sonnenblumenöl muss nach Sonnenblumenkernen riechen, Sesamöl nach Sesamsamen, Kokosöl nach Kokosnuss, Olivenöl nach Oliven, und so weiter. Nur ein kalt gepresstes Öl aus erster Pressung, mild duftend und unerhitzt, unterstützt Ihren Körper und leistet so einen wesentlichen Beitrag zur Gesundheit und Vitalität.

Wozu benötigt der Körper gesunde Fette?

  • Sie sind zur Aufnahme der fettlöslichen Vitamine A, Vitamin D, Vitamin E und Vitamin K erforderlich.
  • Sie sorgen für ein natürliches Sättigungsgefühl.
  • Sie sind ein hochkonzentrierter Energielieferant.
  • Sie sind für die Funktion von Hormonen und Enzymen unerlässlich.
  • Sie verringern Schwankungen im Blutzuckerspiegel.
  • Das Gehirn ist auf hochwertige Fette angewiesen.

Welche Fette sollte man meiden?

  • alle gehärteten oder teilweise gehärteten Fette
  • alle raffinierten Öle
  • alle geruchlosen Öle und Fette
  • alle erhitzen Öle, die reich an mehrfach ungesättigten Fettsäuren sind
  • alle überhitzen Fette
  • ranzige Fette
  • Margarine
  • Öle in Plastikflaschen
  • Transfette (kommen vor allem in frittierten Produkten und Backwaren vor) 

Ernährungsmythos 4: Light-Produkte helfen beim Abnehmen

Noch nie gab es weltweit so viele übergewichtige Menschen wie heute. Insbesondere Kinder in der westlichen Welt bleiben von dieser Entwicklung nicht verschont. Anstatt eine Gewichtsreduktion durch angepasste Ernährung zu erreichen, kaufen viele Betroffene lieber kalorienreduzierte Light-Produkte – in der Hoffnung, dadurch schnell ein paar Pfunde zu verlieren.

Weshalb wirken Light-Produkte sogar kontraproduktiv?

Leider führen Produkte, wo die natürlichen Kalorien durch künstliche Süssungsmittel ersetzt werden, in aller Regel zu einer Gewichtszunahme. 
Es ist kein Zufall, dass Süssungsmittel wie Aspartam & Co. auch in der Tiermast verwendet werden. Künstlicher Süssstoff führt nämlich etwa 90 Minuten nach Verzehr zu einem unbändigen Heisshunger und zu Fressattacken. Wieso? Unser Körper hält Süssstoff für Zucker, was zu einer Absenkung des Glukosespiegels führt. Dadurch entsteht nach kurzer Zeit das brennende Verlangen nach mehr Essen. 

Verzichten Sie deshalb am besten komplett auf Light-Produkte und führen Sie Ihrem Körper eine gesunde, vollwertige und angepasste Ernährung zu.

Ernährungsmythos 5: Kohlenhydrate machen dick

Unsere heutige Ernährung enthält zuviele einfache Kohlenhydrate. Einfache Kohlenhydrate werden auch als Einfachzucker bezeichnet, da sie aus einem einzelnen Zuckermolekül bestehen. Auch Zweifachzucker werden noch als einfache Kohlenhydrate bezeichnet. Zu ihnen gehören Haushaltszucker, Malzzucker (Maltose) und Milchzucker (Laktose). Sie alle haben einen raschen Anstieg des Blutzuckerspiegels zur Folge, der aber danach auch sehr schnell wieder sinkt. Das heisst, einfache Kohlenhydrate sättigen für einen kurzen Zeitraum, der nachfolgende "Hungerast" lässt zu weiteren Zwischenmahlzeiten greifen und das Gewicht geht in die Höhe. 

Welche Lebensmittel enthalten einfache Kohlenhydrate?

Einfache Kohlenhydrate findet man in erster Linie in Schokolade, Limonade oder Marmelade, also in Lebensmitteln, die sehr süss schmecken. Sie liegen bereits in der für den Körper verwertbaren Form vor, nämlich als Glukose, und liefern sofort verwertbare Energie, die den Organismus in ein kurzfristiges Leistungshoch treibt. Allerdings steigt auch der Blutzuckerspiegel durch die einfachen Kohlenhydrate. Insulin wird ausgeschüttet, um den Blutzucker im Blut zu reduzieren – die Folge davon ist Hunger. Dadurch gerät der Körper in einen Kreislauf aus Heisshunger, hohem Blutzuckerspiegel und Insulinausschüttung, der in der Regel zu Übergewicht und unter Umständen auch zu Diabetes führen kann.

Nicht alle Kohlenhydrate sind ungesund

Es wäre falsch, Kohlenhydrate gänzlich aus dem Ernährungsplan zu streichen. Im Gegensatz zu den Ein- und Zweifachzuckern verfügen sogenannt "komplexe Kohlenhydrate" über eine kompliziertere Molekülstruktur, dementsprechend länger dauert es, bis der Organismus die Kohlenhydrate in die für ihn verwertbare Glukose zerlegt hat. Der für den Körper erforderliche Kohlenhydrate-Bedarf sollte dementsprechend hauptsächlich aus komplexen Kohlenhydraten bestehen. 
Da die Mehrfachzucker erst im Dünndarm aufgespaltet werden, erfolgt die Abgabe der Glukose ins Blut langsamer und gleichmässiger. Dadurch steigt der Blutzuckerspiegel langsamer an und bleibt über längere Zeit konstant. Dementsprechend kann das Insulin die Kohlenhydrate bzw. die Glukose im Blut langsam abbauen, ohne dass kurzfristig hohe Insulin-Konzentrationen erforderlich sind. Darüber hinaus verbraucht der Körper Energie, um die komplexen Kohlenhydratketten aufzuspalten und die Glukose sowie die darin enthaltenen Vitamine und Spurenelemente zu verwerten, was einen angestrebten Gewichtsverlust unterstützen kann.

Welche Lebensmittel liefern komplexe Kohlenhydrate?

Alle stärkehaltigen Lebensmittel enthalten komplexe Kohlenhydrate, die den Blutzuckerspiegel über längere Zeit stabil halten. Die Kohlenhydrate sind als Stärke in den Nahrungsmitteln eingelagert. Optimal ist es, wenn das stärkehaltige Nahrungsmittel zusätzlich noch ballaststoffreich ist. Ballaststoffe sind unverdauliche Kohlenhydrate, die zwar keine Energie liefern, dafür aber die Funktion des Magen-Darm-Traktes sichern und die Verdauungsorgane aktivieren. Lebensmittel mit komplexen Kohlenhydraten sind zum Beispiel:
  • Obst und Gemüse
  • Vollkornprodukte (Vollkornbrot, Vollkornteigwaren)
  • Hafer-, Dinkel-, Gersten- und Roggenflocken
  • Kleie
  • Bohnen
  • Sojaprodukte

Ernährungsmythos 6: Bio-Produkte sind reine Geldmacherei

Bio-Produkte sind teilweise wesentlich teurer als Produkte aus der konventionellen Landwirtschaft. Deshalb ist es mehr als gerechtfertigt, den Mehrwert gründlich zu hinterfragen. Sind Bio-Nahrungsmittel wirklich gesünder? Oder können Sie sich das Geld für teure Bio-Produkte sparen? 

Ich habe mich lange mit diesen Fragen beschäftigt und mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen auseinandergesetzt. Tatsächlich sind Bio-Lebensmittel grundsätzlich wertvoller, und zwar aus folgenden (gesundheitlichen wie ethischen) Gründen:
  • Sie enthalten keine künstlichen und zum Teil giftigen Zusatzstoffe (E-Nummern)
  • Sie enthalten keine künstlichen Süssstoffe
  • Sie enthalten signifikant weniger chemische Pestizide
  • Sie werden in gentechnikfreier Landwirtschaft produziert
  • Sie sind reichhaltiger an Vitaminen, Mineralien, Spurenelementen
  • Bio-Labels garantieren eine artgerechte Tierhaltung
  • Bio-Labels garantieren eine nachhaltige, ökologische Landwirtschaft
  • Die biologische Landwirtschaft sichert die Artenvielfalt
Die Entscheidung liegt bei Ihnen. Für einen Einstieg in die Thematik empfehle ich Ihnen die Lektüre des Artikels "Bio-Lebensmittel sind gesünder" (Zentrum der Gesundheit) sowie das Buch "Bio und Nichtbio im Vergleich" von A. W. Dänzer. 

Und jetzt?

Den besten Ernährungsratgeber finden Sie weder in der Buchhandlung noch im Internet, sondern in Ihrem Innern. Glauben Sie nicht alles, was Sie lesen, sondern hören Sie auf Ihren Körper. 

Lernen Sie Ihren Körper kennen

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